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Lexikon

Bätonnage

Der önologische Begriff Bâtonnage bezeichnet das regelmäßige Aufrühren der Weinhefe, die sich nach der Gärung am Boden des Fasses oder Tanks absetzt. In der Vergangenheit wurden einfache Stöcke dafür verwendet, heutzutage gibt es jedoch speziell entwickelte Werkzeuge, die von den Winzern selbst gebaut werden.

Doch wozu dient das ständige Aufrühren der abgesetzten Hefezellen nach Abschluss der alkoholischen Gärung?

Viele deutsche Önologen und Kellermeister sind der Meinung, dass Weißwein nach der Gärung so schnell wie möglich (auf jeden Fall vor Weihnachten) abgefüllt, gefiltert und geschwefelt werden sollte, um ihn "stabil" zu machen und Weinfehlern vorzubeugen.

In Frankreich wurde jedoch frühzeitig erkannt, dass durch das Bâtonnage-Verfahren Weißweinen mehr Fülle, Cremigkeit, Mundgefühl und Lagerfähigkeit verliehen werden kann. In den letzten beiden Jahrzehnten hat sich die Bâtonnage-Technik weltweit bei den besten Erzeugern durchgesetzt.

Die wissenschaftliche Erkenntnis dahinter ist, dass die Hefezellen, auch bekannt als Saccharomyces (Zuckerpilz), weit mehr können als nur Traubenzucker in Alkohol und CO2 umzuwandeln. Sogar wenn kein Zucker mehr im Wein vorhanden ist, setzen die Hefen ihren Stoffwechsel fort. Sie haben weiterhin eine starke reduktive Wirkung und schützen somit vor negativem Sauerstoffeinfluss, ähnlich wie eine kräftige Schwefelgabe.

Ungeschwefelte Weißweine behalten ihre Farbe, solange sie auf der Hefe liegen. In der Praxis hat sich gezeigt, dass Jungweine, die ungeschwefelt filtriert werden und somit von der Hefe befreit sind, schnell eine Bräunung erfahren. Die Hefezellen setzen außerdem Aminosäuren, Fettsäuren und vor allem Eiweiße (Mannoproteine) frei, die für ein komplexes, cremiges und vollmundiges Mundgefühl sorgen. Mannoproteine haben eine stabilisierende und harmonisierende Wirkung auf Tannine und hemmen die Bildung von Weinsteinkristallen.

Dadurch gewinnen die Weine an Dichte, entwickeln weichere Eigenschaften und die Wahrnehmung des Alkohols wird verringert. Auch der biologische Säureabbau (BSA oder Malolaktische Gärung) wird durch die Hefezellen unterstützt. Das während der Gärung entstehende Acetaldehyd, welches für den erhöhten Schwefelbedarf eines Weins verantwortlich ist und einen sherryartigen Geschmack verursachen kann, wird abgebaut. Daher ist es möglich, auf eine frühe Schwefelung (Zugabe von SO2) des Weins ganz zu verzichten, außer wenn ein biologischer Säureabbau unerwünscht ist, insbesondere bei pH-Werten über 3,4.

Der entscheidende Trick dabei ist, dass diese Effekte nur von den Hefezellen erzielt werden, die im Wein in Schwebe sind. Ein festes Hefedepot hat diese Wirkung nicht. Aus diesem Grund gehen die Kellermeister zwei- bis dreimal pro Woche mit einem Rührlöffel durch den Keller und versuchen vorsichtig, die Feinhefe in den Fässern und Tanks in Schwebe zu halten.

Es gibt noch einen weiteren Aspekt zu beachten: Wenn Hefezellen abgestorben sind und sich in Auflösung befinden, kann dies einen unangenehmen Geruch nach faulen Eiern hervorrufen, der bis hin zum Schwefelwasserstoffböckser reicht. Das bedeutet, dass die Technik aus mikrobiologischer Sicht nicht völlig unbedenklich ist. Aus diesem Grund dürfen nur völlig gesunde Trauben verwendet werden und die Moste müssen vor der Gärung gründlich geklärt werden, um größtenteils von Trubstoffen befreit zu sein.

Weine, die über einen längeren Zeitraum auf der Hefe lagern sollen, müssen außerdem vollständig gegoren sein, da ansonsten flüchtige Säuren aufgrund eines unkontrollierten biologischen Säureabbaus entstehen können. Es ist daher wichtig, sie sorgfältig zu überwachen, um Fehlentwicklungen zu vermeiden.